"Er ist der Beschützer der Verfolgten, Schrecken der Unterwelt, Sports- und Ehrenmann, Held ungezählter
Abenteuer. Er besitzt zahllose gutgewählte Verkleidungen, er hat die Kombinationsgabe Einsteins, die mit der Muskelkraft
Tarzans gepaart ist. Sein Arbeitszimmer schmücken glühende Dankschreiben für Rettung aus höchster Not und Gefahr von Damen
aller Gesellschaftskreise und Länder." Rund zehn Jahre lang begleiteten die Leser ihren "deutschen Sherlock Holmes"
wöchentlich auf seiner Gaunerjagd zwischen Hinterhof und Hochfinanz. Nichts konnte seinen Scharfsinn trüben - außer
vollbusigen Schönheiten. Sein ständiger Ausruf "Kombiniere: ... " ging rasch in den deutschen Wortschatz ein.
Abbildungen aus "Der Schuß in den künstlichen Hinterkopf "
(links und rechts) sowie "Das Geheimnis der Superbiene" (mitte) - © 1983 Lappan Verlag
Im Nachkriegsdeutschland waren Comics kaum verbreitet. Wenn Verleger versuchten, die ungewohnte Darstellungsform zu
etablieren, wandten sie sich vor allem an ein jugendliches Publikum. Nick Knatterton war der erste Comic in Deutschland für
eine erwachsene Leserschaft. Eckart Sackmann, Autor über Nick Knatterton: "So etwas hatte man hierzulande noch nicht
gesehen. Das war neu, das war witzig - und noch dazu intelligent, wenn man es richtig zu lesen verstand. Nick Knatterton
war eine echte Sensation." An welchen Schauplatz es den Meisterdetektiv auch verschlug - Knatterton traf nicht nur auf
Bösewichte, Blondinen und Brillanten, sondern auch auf zahlreiche (liebgewonnene) Klischees: Vespa fahrende Mafiosi und
singende Caprifischer in Italien, skurrile Lords und wallender Nebel in England, rauhbeinige Cowboys und stolze Indianer
in Amerika.
Abbildung aus "Der Stiftzahn des Caprifischers" - © 1983 Lappan
Verlag
Im Laufe der Jahre wurde die Parodie auf Comic und Krimi gleichzeitig immer mehr eine Satire auf
(bundesdeutsche) Realitäten in den 50er Jahren. Vieles von dem, was der Detektiv bei der Aufklärung seiner Fälle erlebte,
fanden die Leser der "Quick" auch in den redaktionellen Beiträgen der Zeitschrift wieder. Damit traf Schmidt auf humorvolle
Weise den Nerv der "Wir-sind-wieder-wer-Gesellschaft" und nahm etwas vorweg, was erst die Zeichner der Satirezeitschrift
"pardon" später wieder für sich entdeckten. Bevorzugtes Ziel der Seitenhiebe: Politik und Behörden sowie Polizei, Militär
und Geheimdienste.
Abbildungen aus "Der Schuß in den künstlichen Hinterkopf " - © 1983
Lappan Verlag
Nick Knattertons Erfolgsrezept war die Ironisierung des Comic-Genres schlechthin. Die Strips erinnern
zumeist eher an technische Gebrauchsanweisungen als an eine Bildergeschichte: Gezeichnete Schnitte durch Verstecke und
Verkleidungen, detaillierte Erklärung der Wirkungsweise technischen Hilfsmitteln oder Ausschnittvergrößerungen finden sich
in fast allen Folgen. Darüber hinaus erklären häufig Textkästen Handlungsabläufe, obwohl diese sich zumeist bereits aus
dem Bild ergeben - oder Textboxen enthalten ironisierende und teilweise gar völlig unsinnige Texte.
Abbildungen aus "Das Geheimnis der Superbiene" - © 1983 Lappan
Verlag
Ursprünglich hatte Zeichner und Autor Manfred Schmidt, der vor dem Krieg einer der beliebtesten
Humoristen der "Berliner Illustrierten" war, mit Nick Knatterton eine Comic-Persiflage im Sinn, die "den Leuten die Lust
an der blasenreichen, auf Analphabeten zugeschnittene Stumpfsinnliteratur" vertreiben sollte. Doch seine "löbliche
Absicht, die Bildgeschichten lächerlich zu machen" ging total daneben. "Durch Knatterton bekamen die Deutschen erst
richtig Appetit auf blasengespickte Comic-Strips und verschlangen immer mehr von dem Zeug", beschwerte sich Zeichner
Manfred Schmidt einmal - allerdings mehr augenzwinkernd - über den Erfolg seines Helden; denn schließlich hatte er schon
vor Nick Knatterton als Zeichner comicartige Bildgeschichten produziert.
Abbildungen aus "Das Geheimnis der Superbiene" - © 1983 Lappan
Verlag
Nach über 350 Folgen wurde die Serie 1959 eingestellt, weil sich Manfred Schmidt nach fast zehn Jahren
nicht mehr dem ständigen "Produktionszwang" unterwerfen wollte. In den folgenden Jahren schrieb und illustrierte er
Reisereportagen für die "Quick", später drehte er auch Reisefilme und Werbespots. Die Figur Nick Knatterton blieb jedoch
präsent: Verschiedene Firmen nutzen den Detektiv als Werbeträger, in den 80er Jahren entstanden 15 kurze Zeichentrickfilme
mit den Abenteuern von Nick Knatterton für das WDR-Fernsehen.
Abbildung aus "Die Erbschaft in der Krawatte " - © 1983 Lappan
Verlag